Anna Hitz
Geb. 1983 in Baden AG, hat an der Universität in Zürich Germanistik, Kunstgeschichte Ostasien und Nordistik, sowie an der SAL Literarisches Schreiben studiert. Sie schreibt für diverse Zeitschriften Tierreportagen, Kurzgeschichten und Gedichte. Mit ihrem Mann, ihrem Sohn und drei Hunden lebt sie in Lenzburg, Schweiz.
Wieso schreiben?
Es gibt tausend Gründe, und mindestens einen mehr, weshalb man schreibt oder schleunigst damit anfangen sollte.
Es ist die schönste Form der Lüge und die eleganteste der Erinnerung.
Das erinnert mich daran, wie ich zum ersten Mal zum Stift gegriffen habe:
Ein richtiger Herbstmorgen, neblig und kalt. Ein Morgen an dem einen die Daunendecke festhält und man den Tag verschlafen möchte. An so einem Morgen kämpfte ich mich aus dem Bett, zum Kaffee und endlich mit den Hunden aus dem Haus. Warm eingepackt und mit wenig Begeisterung schlichen wir zwischen den Häusern Richtung See.
Als wir auf den Landweg abbogen, schien der Nebel noch dichter zu werden. Unscharfe Zaunpfähle zeigten uns den Weg. Hinter ihnen ragten Bäume, wie müde Riesen, aus den Feldern. Dazwischen, im taunassen Gras, Rinder. Glockengebimmel aus der Ferne: Wächter einer vergessenen Zeit.
Wir kamen zum Ufer, wo wir einem Schwan zusahen, wie er seinen Hals in das Novemberwasser steckte, um von dem schlammigen Grund zu grasen. Ein Sonnenstrahl stahl sich durch die graue Nebeldecke. Wind kam auf, trieb die Schwaden vor sich her, machte Platz für einen zitternden Sonnenaufgang.
Die Wellen verfärbten sich goldrosa. Ein Fisch klatschte zurück. Krähen, zu einem Schwarmkörper verwachsen, krächzten eine Runde. Einer der Hunde rieb seinen Kopf gegen meine Hand. Warmes Fell an den Fingerspitzen.
In diesem Moment, dachte ich, ist die Wahrheit verfangen.
Es wäre schade, zu vergessen.
Aus meiner Tasche nahm ich einen Stift.